»Seine bekanntesten Aufträge waren aber sicher die Umgestaltung der Lucky Strike Packung, das Präsidentenflugzeug der Amerikaner: die Air Force One oder der Kühlschrank Cold Spot für das Kaufhaus Sears.«
„Raymond Loewy – Hässlichkeit verkauft sich schlecht“
Die Erlebnisse des erfolgreichsten Formgestalters unserer Zeit
Originaltitel: „Never leave well enough alone“
ECON Verl., 1992.
Erstauflage unter Simon und Schuster Verl., New York, 1953.
Wer über Industriedesign, Stromlinie oder perfektionierter Ästhetik redet, der sollte auch über Coca-Cola, Studebaker’s Automobil Avanti oder die S1-Dampflokomotive der Pennsylvania Railroad sprechen. Wenn im gleichen Kontext von „Gestaltungspudding”, einer „bullet nose” oder der „MAYA-Schwelle” (Most advanced, yet acceptable) geplaudert wird, muss ein Name in themenspezifischer Symbiose erwähnt werden: Raymond Loewy.
Jener erster Formgestalter seiner Zeit war es nämlich, der diese Produkte oder Methoden entwickelte und in seiner Autobiographie: „Häßlichkeit verkauft sich schlecht”, verständlich beleuchtet.
Als Loewy in jungen Jahren den amerikanischen Boden betrat, hätte er wohl nicht gedacht das „Corporate America” so zu prägen, wie er es in den Folgejahren tat. Sein Ideenreichtum schien zwar unerschöpflich, doch noch wusste er nicht ihn Gewinn bringend zu verwerten.
Mit einer Anstellung als Illustrator oder als Entwickler für Inneneinrichtungen, sollte sein Werdegang etwas schleppen beginnen. Doch sein Drang weiter zu machen und stets nach seiner Berufung zu suchen, ließen ihn zum einflussreichsten Industriedesigner New York’s, auf dem Gebiet der Formgestaltung werden.
Es gibt fast nichts, was er nicht gestaltet hat. Nahezu jeder Bereich des Industriedesigns sollte von der R.L.A (Raymond Loewy Association) bedient werden. Automobile, Toaster, Verpackungen, Flugzeuge, Krims Krams, Porzellan, selbstschärfende Rasierklingen oder ganze Büros, um nur einen kleinen Einblick zu verschaffen. Seine bekanntesten Aufträge waren aber sicher die Umgestaltung der Lucky Strike Packung, das Präsidentenflugzeug der Amerikaner: die Air Force One oder der Kühlschrank Cold Spot für das Kaufhaus Sears. Dieser wurde so perfekt konzipiert und formvollendet, dass der Absatz daraufhin in exorbitante Höhen stieg und der Kühlschrank zugleich einen Standard amerikanischer Küchen darstellt, bis heute.
Auf 310 flüssig zu lesenden Seiten ist das Buch in 25 Kapitel unterteilt, welche nicht etwa ausschließlich für sich selbst stehen, sondern eher eine Einleitung für bestimmte Themengebiete oder Lebensabschnitte beschreiben. „Die Liebe und die Lokomotiven” oder „Leidiges Borax” heißt es dann. Häufig ist ein Kapitel eingeleitet mit typographischen Grundsätzen anhand einer Zeichnung und eines theoretischen Textes. Dazu finden sich über das ganze Buch hinweg Zeichnungen und Skizzen die den Inhalt ergänzen oder Gestaltungsgrundsätze erklären. Weitere 100 schwarz-weiß Abbildungen sind ebenfalls enthalten und zeigen die Vielfalt von Loewy’s Arbeiten. Prägnante Bildunterschriften funktionieren hierbei eigenständig, um die Abbildungen zu erklären. Inhaltlich fällt auf, dass immer wieder mit lustigen Anekdoten und passenden Zitaten gespielt wird, was Zusammenhänge einleuchtend macht und Einblicke in Alltagssituationen verschafft.
Beim weglegen des Buches, bemerkt man sofort die Nachhaltigkeit und die zeitlose Auseinandersetzung, nicht nur mit der Biographie des Autors, sondern gerade mit dem Thema Design. Loewy hat es mit diesem Werk geschafft viele Produkte oder Mechanismen die uns umgeben, einmal genauer zu betrachten. Logisch erscheint jetzt warum Studebaker’s Avanti nicht den amerikanischen Standards entsprach oder ein Toaster nicht eben nur funktionieren soll, nämlich auch ansprechend gestaltet ist. Ein Supermarkt ist auch kein Warenlager, eher ein perfekt konstruiertes Geschäft das genau auf unsere Bedürfnisse abgestimmt ist. Selbst das lässt sich bis zu einer bestimmten „Schwelle” noch optimieren. Loewy hat es also geschafft mit seiner flamboyanten Art und seiner akribischen Arbeitsweise das „Corporate America” zu dem zu machen was es heute ist. In der gleichen Art und Weise bewahrt das Buch diese Geschichte auf.
René Gruszka, Mai 2011.